Magnetic Pages Article | 1995-09-02 | 3KB | 36 lines
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Genierzulage
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F Wie vermeide ich als Software-Hersteller bei der Ver
ffentlichung desA Releases 1.0 eine Blamage, weil das Produkt noch unter zu vielenI Kinderkrankheiten leidet? Den genialen Weg hat Microsoft entdeckt. VieleL haben sich schon dar
ber gewundert, warum sich die Redmonder damit br
sten,H 500.000 Kopien des Beta-Releases von Windows 95 unters Volk gebracht zuF haben. Denn selbst ein Gigant wie Microsoft kann kein Interesse daranL haben, auch nur 250.000 Fehlerprotokolle der Beta-Tester auszuwerten. NichtA die Masse macht die Klasse; schlie
lich w
rden 500 qualifizierteK Beta-Tester genau die gleichen Bugs finden. Geht man zudem der Frage nach,I warum von einem unfertigen Produkt der gr
te Teil zum St
ckpreis von 70A Mark verkauft wird, wird klar, wohin der Hase l
uft: Die besagte5 Beta-Version M8 ist eigentlich schon Windows 95 1.0.
L Wenn Windows 95 dann im September offiziell auf den Markt kommt, handelt esD sich in Wirklichkeit bereits um die nachgebesserte Version 1.1, undL Microsoft hat sich dann eine Blamage in der
ffentlichkeit erspart, wie sieK sich bei Word f
r Windows 2.0 und Windows NT 1.0 offensichtlich noch nichtL vermeiden lie
. Damals mu
ten ganz schnell Updates nachgeschoben werden, umH auch nur die gr
ten Bugs zu beseitigen. Aber selbst bei Windows 95 1.1J wird es sich noch nicht um die endg
ltige Version handeln, denn Microsoft> hat bereits angek
ndigt, etwa einen Monat nach Erscheinen desK Betriebssystems eine kostenpflichtige Erg
nzung auszuliefern, die Bugfixes@ und neue Features enth
lt. Da
Microsoft wenig Interesse an der
L Qualit
tssicherung zu haben scheint, l
t sich schon an der ZusammensetzungG der Programmierermannschaft ablesen: Von circa 2.000 Programmieren beiI Microsoft arbeiten nur 100 festangestellt und l
nger als drei Jahre beimJ Marktf
hrer. Dies zumindest gab Gordon Letwin, bei Microsoft ChefdesignerK Betriebssysteme, Ende 1993 auf einem ISO-Meeting zu. Auch die Vielzahl derL Beta-Versionen und die langwierige Entwicklung bet
tigen das. GegenbeispielB einer qualifizierten Programmierung: Linus Thorwald ben
tigte zurL Fertigstellung des UNIX-Derivats Linux gerade mal ein paar Monate. Trotzdem> entstand ein Produkt, das allseits gro
e Anerkennung erntete.
I Kommentar von Klaus Geisen, Computer Zeitung 27, 6. Juli 1995, Seite 6